Schei­dungs­kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzieh­bar

[UPDATE: Ent­ge­gen der bishe­rigen Recht­spre­chung hat der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) ent­schie­den, dass Schei­dungs­kosten nicht mehr als außer­ge­wöhn­liche Belas­tung abzieh­bar sind.

Schei­dungs­kos­ten sind Auf­wen­dun­gen für die Füh­rung eines Rechts­streits (Pro­zess­kos­ten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen aus­ge­schlos­sen. Denn ein Steu­er­pflich­ti­ger erbringt die Auf­wen­dun­gen für ein Schei­dungs­ver­fah­ren regel­mä­ßig nicht zur Siche­rung sei­ner Exis­tenz­grund­la­ge und sei­ner lebens­not­wen­di­gen Bedürf­nis­se.

Die Anga­ben in die­sem Bei­trag stel­len also nicht mehr die aktu­el­le Rechts­la­ge dar!]

Bun­des­fi­nanz­hof, Urteil vom 18. Mai 2017, VI R 9/16

Das Finanz­ge­richt Müns­ter hat ent­schie­den, dass Schei­dungs­pro­zess­kos­ten auch nach der ab dem Jahr 2013 gel­ten­den gesetz­li­chen Neu­re­ge­lung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen abzugs­fä­hig sind, Urteil vom 21. Novem­ber 2014, Az. 4 K 1829/14 E.

 Die Klä­ge­rin und ihr Ehe­mann lie­ßen sich im Jahr 2013 schei­den. Bereits im Vor­feld hat­ten die Ehe­leu­te eine nota­ri­el­le Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung getrof­fen, mit der die Klä­ge­rin den hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil am gemein­sa­men Grund­stück erwarb und sich zur Zah­lung eines Aus­gleichs­be­tra­ges an ihren Ehe­mann zur Abgel­tung aller Ansprü­che ver­pflich­te­te. Im Rah­men ihrer Ein­kom­men­steu­er­erklä­rung mach­te die Klä­ge­rin die Kos­ten des Schei­dungs­pro­zes­ses und der Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung sowie die Aus­gleichs­zah­lung an ihren Ehe­mann als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen gel­tend. Das Finanz­amt ver­sag­te den Abzug voll­stän­dig und wies auf die ab 2013 gel­ten­de Rege­lung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG hin, nach der Pro­zess­kos­ten und damit auch Schei­dungs­kos­ten grund­sätz­lich nicht mehr zu berück­sich­ti­gen sei­en.

Der 4. Senat des Finanz­ge­richts Müns­ter gab der Kla­ge teil­wei­se statt. Die Gerichts- und Anwalts­kos­ten des Schei­dungs­pro­zes­ses sei­en außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen. Die Kos­ten sei­en zwangs­läu­fig ent­stan­den, weil eine Ehe nur durch ein Gerichts­ver­fah­ren auf­ge­löst wer­den kön­ne. Dem ste­he die Neu­re­ge­lung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG nicht ent­ge­gen, denn ohne den Schei­dungs­pro­zess und die dadurch ent­stan­de­nen Pro­zess­kos­ten lie­fe die Klä­ge­rin Gefahr, ihre Exis­tenz­grund­la­ge zu ver­lie­ren und ihre lebens­not­wen­di­gen Bedürf­nis­se in dem übli­chen Rah­men nicht mehr befrie­di­gen zu kön­nen. Der Begriff der Exis­tenz­grund­la­ge sei nicht rein mate­ri­ell zu ver­ste­hen, son­dern umfas­se auch den Bereich des bür­ger­li­chen Lebens und der gesell­schaft­li­chen Stel­lung. Dies erfor­de­re die Mög­lich­keit, sich aus einer zer­rüt­te­ten Ehe lösen zu kön­nen. Für ein solch wei­tes Ver­ständ­nis des Begriffs spre­che auch die Absicht des Gesetz­ge­bers, ledig­lich die umfas­sen­de Aus­wei­tung der Abzugs­fä­hig­keit von Pro­zess­kos­ten durch die seit dem Jahr 2011 gel­ten­de Recht­spre­chung des Bun­des­fi­nanz­hofs wie­der ein­zu­schrän­ken. Zwangs­läu­fig ent­stan­de­ne Schei­dungs­kos­ten sei­en aber schon seit frü­he­rer lang­jäh­ri­ger Recht­spre­chung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tun­gen aner­kannt gewe­sen. Die­se Abzugs­mög­lich­keit habe der Gesetz­ge­ber nicht ein­schrän­ken wol­len.

Aller­dings sei­en die Kos­ten für die Schei­dungs­fol­gen­ver­ein­ba­rung nicht abzugs­fä­hig, da die­se Auf­wen­dun­gen nicht zwangs­läu­fig ent­stan­den und auch nach der frü­he­ren Recht­spre­chung nicht abzugs­fä­hig gewe­sen sei­en. Die Aus­gleichs­zah­lung selbst stel­le bereits kei­ne außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung dar, son­dern viel­mehr eine Gegen­leis­tung der Klä­ge­rin für den Erwerb des Mit­ei­gen­tums am Grund­stück und für die Abgel­tung wei­te­rer Ansprü­che.

Quel­le: Pres­se­mit­tei­lung des FG Müns­ter vom 10.12.2014


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