Coro­na: Wer ent­schei­det über Schutz­imp­fun­gen für ein gemein­sa­mes Kind bei Unei­nig­keit der Eltern?

Mit der Frei­ga­be von Coro­na-Schutz­imp­fun­gen für Kin­der und Jugend­li­che wer­den sich vie­le Eltern fra­gen:

Wel­cher Eltern­teil ent­schei­det über die Coro­na-Schutz­imp­fung für das gemein­sa­me Kind, wenn die Eltern sich unei­nig sind?

Mit einer ähn­li­chen Fra­ge hat sich das Ober­lan­des­ge­richt Frankfurt/M. im März 2021 befasst und eine kla­re Hal­tung gezeigt:

Die Ent­schei­dung über die Durch­füh­rung von Schutz­imp­fun­gen für ein gemein­sa­mes Kind kann bei Unei­nig­keit der Eltern auf den Eltern­teil über­tra­gen wer­den, der sei­ne Hal­tung an den Emp­feh­lun­gen der Stän­di­gen-Impf­kom­mis­si­on (STIKO) ori­en­tiert.

OLG Frank­furt am Main, Beschluss vom 08.03.2021, Az. 6 UF 3/21

Sobald eine Emp­feh­lung der STIKO für einen bestimm­ten Impf­stoff für Kin­der und Jugend­li­che her­aus­ge­ge­ben wor­den ist, so wer­den sich die Fami­li­en­ge­rich­te dar­an ori­en­tie­ren.

Rechtsanwältin Friederike Kellotat Scheidungsanwältin in Stralsund Kanzlei für Familienrecht
Rechts­an­wäl­tin Frie­de­ri­ke Kel­lo­tat

“Die hier auf­ge­führ­ten Grund­sät­ze sind auf die Coro­na-Schutz­imp­fun­gen über­trag­bar.”

Wor­um ging es in der Ent­schei­dung des OLG Frankfurt/M.?

Die Eltern eines 2018 gebo­re­nen Kin­des üben gemein­sam die elter­li­che Sor­ge aus. Die Mut­ter möch­te das Kind gemäß den Emp­feh­lun­gen der STIKO imp­fen las­sen.

Mut­ter möch­te Kind gemäß den Emp­feh­lun­gen der STIKO imp­fen las­sen

Der Vater ist damit nicht ein­ver­stan­den und ver­langt eine gericht­li­che Prü­fung der Impf­fä­hig­keit des Kin­des. Die Mut­ter hat des­halb vor dem Amts­ge­richt bean­tragt, ihr die Ent­schei­dungs­be­fug­nis über Stan­dard­imp­fun­gen zu über­tra­gen. Die­sem Antrag hat das Amts­ge­richt statt­ge­ge­ben. Hier­ge­gen leg­te der Vater Rechts­mit­tel ein.

Wie hat das OLG Frankfurt/M. ent­schie­den?

Ent­schei­dung über die Imp­fung kann auf einen Eltern­teil über­tra­gen wer­den

Die hier­ge­gen gerich­te­te Beschwer­de des Vaters hat­te vor dem OLG kei­nen Erfolg. Wenn sich Eltern bei gemein­sa­mer elter­li­cher Sor­ge in einer ein­zel­nen Ange­le­gen­heit, die für das Kind von erheb­li­cher Bedeu­tung ist, nicht eini­gen kön­nen, kann auf Antrag eines Eltern­teils die Ent­schei­dung einem Eltern­teil über­tra­gen wer­den (§ 1628 S. 1 BGB). Dabei sei die Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz dem Eltern­teil zu über­tra­gen, „des­sen Lösungs­vor­schlag dem Wohl des Kin­des bes­ser gerecht wird“.

Gehe es um eine Ange­le­gen­heit der Gesund­heits­sor­ge, sei die Ent­schei­dung zu Guns­ten des Eltern­teils zu tref­fen, der inso­weit das für das Kin­des­wohl bes­se­re Kon­zept ver­fol­ge. Bei der Über­tra­gung der Ent­schei­dungs­be­fug­nis über Schutz­imp­fun­gen auf einen Eltern­teil kön­ne nach höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung grund­sätz­lich maß­geb­lich dar­auf abge­stellt wer­den, „dass ein Eltern­teil Imp­fun­gen offen gegen­über­steht und sei­ne Hal­tung an den Emp­feh­lun­gen der STIKO ori­en­tiert, ohne dass es der Ein­ho­lung eines Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens bedarf, wenn im Ein­zel­fall kein Anlass zu wei­te­ren Ermitt­lun­gen besteht“.

OLG Frank­furt am Main, Beschluss vom 08.03.2021, Az. 6 UF 3/21

Es kön­ne davon aus­ge­gan­gen wer­den, „dass eine an den Emp­feh­lun­gen der STIKO ori­en­tier­te Ent­schei­dung der Kin­des­mut­ter über vor­zu­neh­men­de Imp­fun­gen im Aus­gangs­punkt das für das Kin­des­wohl bes­se­re Kon­zept im Sin­ne der Recht­spre­chung dar­stellt“, begrün­det das OLG.

Kein geson­der­tes Gut­ach­ten zur Impf­fä­hig­keit erfor­der­lich

Bei der Abwä­gung zwi­schen Risi­ken im Fall einer Imp­fung und Risi­ken bei unter­blei­ben­der Imp­fung kön­ne die Ent­schei­dung auf den Eltern­teil über­tra­gen wer­den, der den fach­li­chen Emp­feh­lun­gen der STIKO fol­ge. Die­sen Emp­feh­lun­gen kom­me die Funk­ti­on eines anti­zi­pier­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zu.

Da nach den Emp­feh­lun­gen der STIKO die Impf­fä­hig­keit in der kon­kre­ten Situa­ti­on unter Berück­sich­ti­gung etwa­iger Kon­tra­in­di­ka­tio­nen ärzt­lich zu prü­fen sei, bedür­fe es auch kei­ner all­ge­mei­nen, unab­hän­gig von einer kon­kre­ten Imp­fung vor­zu­neh­men­den gericht­li­chen Auf­klä­rung der Impf­fä­hig­keit des Kin­des.

Der Sor­ge des Vaters um die kör­per­li­che Unver­sehrt­heit des Kin­des im Hin­blick auf den Impf­vor­gang selbst trü­gen die Emp­feh­lun­gen der STIKO eben­falls Rech­nung. Für den Impf­vor­gang wer­de von der STIKO eine am Kin­des­wohl ori­en­tier­te Vor­ge­hens­wei­se mit im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Hand­lungs­vor­schlä­gen emp­foh­len.
OLG Frank­furt am Main, Beschluss vom 08.03.2021, Az. 6 UF 3/21

Den Voll­text der Ent­schei­dung fin­den Sie hier: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE210000565

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